Warning: "continue" targeting switch is equivalent to "break". Did you mean to use "continue 2"? in /home/kd90005/www.psychotherapie-faq.de/psychotherapeut/templates/deckerfaq/functions.php on line 194

F.A.Q. Diagnosen

  • Ist eine Diagnose unbedingt nötig für eine Psychotherapie?

      Eine Voraussetzung für eine Psychotherapie ist die Diagnose einer psychischen Erkrankung. Psychotherapie gilt im deutschen Gesundheitssystem als Heilbehandlung, die so grundsätzlich jedem Erkrankten zugänglich gemacht wurde. Das deutsche Angebot ist im weltweiten Vergleich einmalig. In nur wenigen anderen Ländern auf der Welt werden Psychotherapien vom Gesundheitssystem finanziert und so allgemein zugänglich gemacht. Das ist auf der einen Seite ein großer Gewinn, allerdings bringt dies auch Probleme mit sich.

    Es ist beispielsweise leider immer noch so, dass Psychotherapie eben nur im Krankheitsfall gewährt wird und nicht etwa präventiv verordnet werden kann und entsprechend vorbeugend nicht finanziert wird, auch wenn es oft sehr sinnvoll wäre. 
     
  • Welche Störungen und Diagnosen werden behandelt?

      Wie bereits angerissen ist die Feststellung und Diagnostik einer sogenannten psychischen „Störung“ obligatorisch für die kassenfinazierten Psychotherapie. Psychotherapeuten sind dazu verpflichtet, eine Diagnose nach der ICD-10-Liste zu vergeben. Ausschlaggebend ist das Kapitel F der ICD-10. Hier tauchen zum Beispiel Diagnosen auf wie F32, die „depressive Episode“ oder F40.0, die „Agoraphobie“. Diese und ähnliche Diagnosen werden dort klassifiziert und beschrieben.   
  • Muss ich erst „krank“ sein oder „verrückt werden“, um Hilfe zu bekommen?

      Das ist natürlich ein entrüsteter Eindruck, den einige von unserem Gesundheitssystem haben, wenn es um das Thema Psychotherapie und psychiatrische Diagnosen geht. Und tatsächlich ist es so, dass der Zugang zu einer kassenfinanzierten Psychotherapie nur über eine psychiatrische Diagnose möglich ist. Die einzige Möglichkeit, dem zu entkommen, besteht darin, die Psychotherapie selbst zu finanzieren. Dass dies selbstverständlich nicht jedem möglich ist, liegt auf der Hand.

    Dennoch sollte nicht vergessen werden, dass der Versorgungsstandard in Deutschland einmalig ist. Gleichzeitig besteht immer noch ein Stigma und es gibt viele Vorurteile gegenüber der Psychotherapie und den Menschen, die eine solche in Anspruch nehmen. Dies ist beispielsweise in einigen Teilen der USA anders, obwohl dort die Psychotherapie selbst finanziert werden muss. Dort wird der „Shrink“ (= dt. Seelenklempner) schon beinah zum Statussymbol.

    Jedenfalls zeigt dies zwei Extreme im Umgang mit der Thematik. Letztendlich ist es sicher nicht unvernünftig, darüber abzuwägen, eine sinnvolle Investition in die eigene Persönlichkeit und deren Entwicklung vorzunehmen. Das kann wohltuend sein, wenn beispielsweise das kassenfinanzierte Stundenkontingent aufgebraucht ist, aber noch einige Stunden benötigt werden, um den Prozess zu beenden, oder aber man sich in einer schwierigen Lage befindet, in der lediglich einige Beratungsgespräche ausreichend sind.  
     
  • Welche Schwierigkeiten bereiten Diagnosen und die ICD-10?

      Diagnosen sind per se nichts Schlechtes. Sie sind besonders in der Medizin sinnvoll, um den Überblick zu behalten, Verfahren zu organisieren oder Behandlungen zu standardisieren. Bei einem Unfall mit einem Knochenbruch ist es relativ leicht, eine eindeutige Diagnose zu vergeben. Doch schon die Diagnose einer Infektion oder einer anderen Erkrankung des Inneren können erhebliche Schwierigkeiten bereiten und führt leider immer wieder zu falschen Behandlungen. Das ist in der Medizin bekannt und viele Fachleute arbeiten daran, die Systeme zu verbessern.

    Nun müssen Psychotherapeuten ebenfalls Diagnosen stellen, um die Kostenübernahme von Psychotherapien zu beantragen. Doch ist eine „richtige“ Diagnose im Sinne der Klassifizierung in diesem schwer greifbaren, seelischen Bereich noch viel schwieriger als in der klassischen Medizin.

    Allerdings ist die resultierende Kostenübernahme durch die Krankenversicherungen zunächst ein großer Vorteil unseres Sozial-und Gesundheitssystems. Im Sinne der Transparenz sind Psychotherapeuten dazu verpflichtet, die Diagnosen dem Patienten in verständlichen Worten zu erklären. Doch wie schon angedeutet, ist dies alles nicht so unproblematisch, wie es sich im ersten Moment anhört.

    Denn dies führt nicht selten zu einem weiteren Problembereich: den sogenannten selbsterfüllenden Prozessierungen. Es besteht also die Gefahr für den Patienten, sich mit einer Diagnose zu identifizieren und sich so zu verhalten, wie sie beschrieben wird, anstatt sich auf sich selbst und den Heilungsprozess zu besinnen. Vereinfacht betrachtet kann das Phänomen mit einem umgekehrten Placebo-Effekt verglichen werden.

    Dieser problematische Effekt wird bereits seit einigen Jahrzehnten von Wissenschaftlern und erfahrenen Behandlern als Etikettierungsansatz beschrieben, untersucht und kritisiert. Dennoch stoßen diese Erkenntnisse in unserem schulmedizinisch geprägten Gesundheitssystem auf taube Ohren. Ebenso bedenken und reflektieren nur wenige Behandlerinnen diese Effekte und klären ihre Patinierten oft nicht entsprechend auf.

    Ein weiteres Problem besonders von psychischen Diagnosen ist der sogenannte sekundäre Krankheitsgewinn, den bereits Sigmund Freud beschrieben hat. Er beschreibt die schonenden Reaktionen der Mitmenschen auf den Patienten, die zur Aufrechterhaltung des problematischen Verhaltens beitragen. Oder aber die erhöhte Bereitschaft, Medikamente einzunehmen, anstatt an sich zu arbeiten.

    Ein weiteres Problem ist, dass die ICD-10 der WHO in einer einfachen Sprache verfasst und öffentlich einsehbar ist. Im Sinne der Transparenz für die Patienten ist dies natürlich ein großer Fortschritt. Doch die darin enthaltenen Klassifizierungen und Beschreibungen hinterlassen bei einem unbedarften Leser den Eindruck, mit dieser Lektüre das jeweilige Krankheitsbild erfassen zu können. Dem ist aber nicht so! Um die ICD-10 und ihre Diagnosen wirklich verstehen und gegeneinander abgrenzen zu können, bedarf es äußerst viel Erfahrung. Dies trifft ins besondere für das Kaptiel F zu, welches die psychischen Störungen erfasst.

    In Schulungen und Studien zur Diagnosestellung wird immer wieder deutlich, dass selbst Fachleute mit jahrelanger Erfahrung immer noch vielfach falsche Diagnosen vergeben. Und das sogar im Bereich der rein körperlichen Beschwerden, außerhalb der schwierig zu greifenden psychischen Diagnosen. Mit einem Wikipedia-Artikel und dem Lesen der entsprechenden Textstelle in der ICD-10 ist es somit leider nicht getan, auch wenn es vielleicht leider so wirken mag. Zum Verstehen und der sicheren Anwendung der ICD-10 sind mehrere Jahre klinische Erfahrung und intensive Schulung zwingend notwendig. 
     
  • Welche Nachteile können mir durch eine Psychotherapie z.B. im Beruf entstehen?

       Es ist leider immer noch so: Die Vorurteile und Stigmatisierungen durch die Gesellschaft gegenüber Menschen, die sich in seelischer Not helfen lassen, sind nicht unerheblich. Es können sich auf beruflicher Ebene Nachteile für die Beschäftigung im öffentlichen Dienst, dem Staatsdienst und der Verbeamtung ergeben. Diese müssen unter Umständen ebenfalls sensibel abgeklärt werden.  
  • Wo kann ich Diagnosen, Diagnose-Schlüssel und Codierungen nachschlagen und was muss ich dabei beachten?

     

    Auch wenn die ICD-10 in einer einfachen und leicht verständlichen Sprache verfasst ist, wird eine jahrelange Erfahrung und Schulung benötigt, um sie richtig zu codieren und interpretieren zu können. Das gilt insbesondere für die Beschreibungen im Kapitel V „Psychische und Verhaltensstörungen“ (F00-F99).

     Merke: Qualitativ sind viele Merkmale einer psychischen Störung bei jedem von uns vorhanden, erst die Quantität, also das Ausmaß, machen die  Erkrankung aus.

    Genau an hierin liegen die vielschichtigen Probleme der psychiatrischen Diagnosen, denn

    sie sind gesellschaftlich gemacht. Gleichzeitig braucht es einen erfahren Kliniker, um Symptome richtig einzuschätzen und dann gemäß der ICD-10 eine Diagnosen zu vergeben. Denn nur er verfügt über die nötige Erfahrung, eine Diagnose gegen über den anderen klinischen Erscheinungsbildern abzugrenzen.

     Ob man es gut findet oder nicht, aber aus genau diesem Grund besteht etwa die Hälfte der Approbationsprüfung für Psychotherapeuten und somit deren monatelange Vorbereitung aus Inhalten rund um die ICD-10.

     Für diejenigen, die dennoch auf ihr Recht auf ihre informative Selbstbestimmung nicht verzichten möchten, kann die Codierung der ICD-10 unter dem angeführten Link eingesehen werden. Es sei jedoch noch einmal darauf hingewiesen, geschultes Fachpersonal hinzuzuziehen, um ggf. keine falschen Schlüsse aus den scheinbar leicht verständlichen Texten zu ziehen. 

    http://www.dimdi.de/static/de/klassi/icd-10-gm/kodesuche/index.htm

     Der Link führt zur Seite des DIMDI (Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information). Das Institut gibt neben der ICD-10 noch andere Klassifikationen zur Kodierung von Diagnosen und Operationen heraus und pflegt weitere medizinische Bezeichnungssysteme.